Laut § 285 ist die Teilnahme an illegalem Glücksspiel in Deutschland strafbar. Welche Konsequenzen gibt es für Spieler?

§ 285 Strafgesetzbuch (StGB) stellt die Teilnahme an unerlaubtem Glücksspiel unter Strafe. Spieler, die an unerlaubtem Glücksspiel teilnehmen, können mit einer Geldstrafe oder mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten bestraft werden. Für Spieler, die an unerlaubtem Glücksspiel teilnehmen, besteht zudem das Risiko, dass Gewinne nicht ausgezahlt oder vom Staat eingezogen werden können. In der Praxis stehen regelmäßig die Anbieter von unerlaubtem Glücksspiel im Fokus der Behörden. Das Anbieten von unerlaubtem Glücksspiel ist wiederum in § 284 StGB unter Strafe gestellt. Das Veranstalten, Vermitteln und Bewerben unerlaubten Glücksspiels stellt zudem ein Ordnungswidrigkeitentatbestand dar, der mit einer Geldbuße von bis zu 500.000 Euro geahndet werden kann.
Wieso wird Glücksspiel auf nationaler Ebene reguliert? Wäre nicht eine EU-weite Regelung sinnvoll?

Glücksspiel fällt in die Zuständigkeit der einzelnen EU-Staaten, sodass jedes Land selbst darüber entscheidet, wie es reguliert und den Spielerschutz gewährleistet. Während einige Länder auf eine strenge Regulierung setzen, verfolgen andere einen liberaleren Ansatz und öffnen den Markt für private Anbieter. In Deutschland liegt die Zuständigkeit sogar bei den einzelnen Bundesländern. Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 stellt dabei einen Kompromiss aller 16 Bundesländer dar, um Angebote wie Online-Sportwetten und virtuelle Automatenspiele bundesweit einheitlich zu regeln. Eine EU-weite Regelung könnte klare Standards und einen einheitlichen Spielerschutz schaffen. Allerdings scheitert dies derzeit an den unterschiedlichen nationalen Ansätzen und Interessen der Mitgliedstaaten. Viele Länder möchten ihre nationale Souveränität in diesem Bereich bewahren. Während einige Länder erst beginnen, einen regulierten Markt zu etablieren, verfügen andere bereits über langjährige Erfahrung mit nationalen Glücksspielregelungen. Die unterschiedlichen Interessen sind wohl zu vielfältig, um in absehbarer Zeit eine EU-weite Marktregulierung zu erwarten.
Der EuGH muss derzeit entscheiden, ob Online Casinos mit ausländischen EU-Lizenzen vor 2021 in Deutschland illegal waren. Welche Tragweite hat dieses Urteil?

Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im Verfahren C-440/23 könnte weitreichende Folgen haben. Sollte der EuGH feststellen, dass Anbieter von Online-Glücksspiel sich in der Vergangenheit auf eine (ausländische) EU-Lizenz berufen konnten, wären die geschlossenen Spielverträge wirksam – was Rückforderungen von Verlusten entgegenstehen könnte. Entscheidet der EuGH hingegen, dass solche Lizenzen keine Gültigkeit hatten und die Spielverträge nichtig waren, könnten Spieler ihre Verluste u.U. gerichtlich geltend machen. Dabei ist stets eine Einzelfallprüfung durchzuführen. Aufgrund der zentralen Bedeutung dieser Frage setzen aktuell viele deutsche Gerichte laufende Verfahren zur Rückforderung von Spielverlusten bis zur EuGH-Entscheidung aus (vgl. hierzu auch https://www.taylorwessing.com/de/insights-and-events/insights/2024/07/update-bgh).
Könnte ein positives Urteil des EuGH zugunsten der Glücksspielunternehmen auch dazu führen, dass die Dienstleistungsfreiheit innerhalb der EU anwendbar ist?

Sollte der EuGH feststellen, dass sich Anbieter von Online-Glücksspiel in der Vergangenheit auf eine (ausländische) EU-Lizenz berufen konnten, hätte dies Auswirkungen auf Spielzeiträume vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags 2021 (d. h. vor dem 1. Juli 2021). Zum einen könnten Spielverträge aus dieser Zeit möglicherweise als wirksam gelten, was Rückforderungen von Verlusten erschweren würde. Zum anderen könnte dies verwaltungsrechtlichen Maßnahmen wie Untersagungsverfügungen entgegenstehen, da sich Anbieter rückwirkend auf eine anderweitige EU-Lizenz berufen könnten. Seit dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags am 1. Juli 2021 unterliegen Online-Angebote wie Sportwetten und virtuelle Automatenspiele einer einheitlichen Regulierung, die von Anbietern eine Erlaubnis nach den Vorgaben des Glücksspielstaatsvertrags 2021 erfordert.
Das umstrittene Bill No. 55 schützt maltesische Glücksspielunternehmen vor der Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Ausland. Wird dieses Gesetz Bestand haben?

Das ist aktuell unklar. Bill No. 55 sieht grds. vor, dass nur maltesische Gerichte Urteile gegen maltesische Glücksspielunternehmen vollstrecken können. Die maltesische Regierung argumentiert, dass sie damit die Dienstleistungsfreiheit der jeweiligen Anbieter schützt. Andere Mitgliedstaaten sehen darin einen Verstoß gegen europäisches Recht, da Titel innerhalb der EU-Mitgliedstaaten grundsätzlich anzuerkennen sind. Es ist wahrscheinlich, dass dieses Gesetz vor dem EuGH landet und einer europarechtlichen Prüfung unterzogen wird.
Die Spielbanken Bayern haben ein eigenes Online Casino ins Leben gerufen und Schleswig-Holstein hat Lizenzen an private Unternehmen vergeben. Was steckt dahinter?

Anders als bei Online-Sportwetten und virtuellen Automatenspielen haben die Bundesländer entschieden, für das Online-Casino-Angebot (z.B. Roulette) weiterhin eigenständig zuständig zu bleiben. Das bedeutet, dass jedes Bundesland selbst über die Ausgestaltung und Regulierung bzgl. des eigenen Online-Casino-Angebots entscheiden kann. Innerhalb Deutschlands gibt es dabei unterschiedliche Ansätze: Einige Bundesländer, wie Bayern, setzen auf ein Monopolmodell, bei dem das Bundesland selbst als Anbieter von Online-Casino-Spielen auftritt. Andere, wie Schleswig-Holstein oder Nordrhein-Westfalen, vergeben Lizenzen an private Anbieter, die ihrerseits ein Online-Casino-Angebot – unter staatlicher Aufsicht – betreiben dürfen.
Der Glücksspielstaatsvertrag gilt bis 2028. Was passiert, wenn danach keine Einigkeit unter den Bundesländern besteht?

Wie bereits aufgezeigt, liegt die Zuständigkeit für Glücksspiel in Deutschland grundsätzlich bei den einzelnen Bundesländern. Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 stellt einen Kompromiss aller 16 Bundesländer dar, um Angebote wie Online-Sportwetten und virtuelle Automatenspiele bundesweit einheitlich zu regeln. Sollten sich die Bundesländer jedoch über 2028 hinaus nicht auf ein einheitliches Vorgehen einigen, würde die Zuständigkeit wieder auf die einzelnen Bundesländer zurückfallen. Dies könnte theoretisch erneut zu uneinheitlichen Regelungen innerhalb der Bundesländer führen. Einige Länder könnten eigene Lizenzen vergeben, während andere das Glücksspiel strenger regulieren – was die rechtliche Lage für Anbieter und Spieler wieder unübersichtlich machen würde. Es ist anzumerken, dass der Glücksspielstaatsvertrag 2021 kontinuierlich evaluiert wird. Eine umfassende Evaluierung der Maßnahmen ist für 2026 geplant. Wahrscheinlicher als ein Rückfall in die Zuständigkeit der einzelnen Bundesländer ist jedoch, dass der Glücksspielstaatsvertrag auf Grundlage der Evaluierung überarbeitet und beispielsweise hinsichtlich des Spielerschutzes angepasst wird.
Der DOCV nimmt an, dass ein Großteil des Glücksspiels auf dem Schwarzmarkt stattfindet. Welche rechtlichen Möglichkeiten hat die GGL, um dagegen vorzugehen?

Seit dem 1. Juli 2022 ist die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder (GGL) die zuständige Behörde für das Vorgehen gegen illegales Glücksspiel im Internet. Der GGL stehen dabei verschiedene Maßnahmen zur Verfügung. Dazu gehört unter anderem die Einleitung von Untersagungsverfahren, einschließlich der Festsetzung von Zwangsgeldern. Zudem können potenzielle Strafbarkeiten nach dem Strafgesetzbuch an die Staatsanwaltschaften gemeldet werden. Die GGL kann auch Ordnungswidrigkeitsverfahren einleiten und mögliche Steuertatbestände an das Finanzamt weiterleiten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, Verdachtsfälle von Geldwäsche an die zuständigen Behörden zu melden. Weitere Maßnahmen umfassen Zahlungsuntersagungen gegen Finanzdienstleister (sogenanntes Payment-Blocking). Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 sieht außerdem Netzsperren (IP-Blocking) gegenüber Zugangsvermittlern vor.
Die GGL darf Strafen aussprechen, aber wie ist sichergestellt, dass diese auch beglichen werden, wenn Unternehmen beispielsweise ihren Sitz im Ausland haben?

Innerhalb der EU sorgen verschiedene Rahmenbeschlüsse und Verordnungen dafür, dass Strafen eines Mitgliedsstaates grundsätzlich vollstreckbar sind. Demgegenüber können Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU schwerer zu fassen sein. Die Herausforderung besteht darin, dass in solchen Fällen auf internationale Abkommen oder die Zusammenarbeit mit internationalen Behörden zurückgegriffen werden muss, was in der Praxis zu Komplikationen führen kann. Um dennoch eine effektive Durchsetzung zu gewährleisten, wird die Verhängung von Strafen häufig mit ergänzenden Maßnahmen wie Payment-Blocking kombiniert. Diese parallel ergriffenen Maßnahmen tragen dazu bei, die Wirkung der Strafen zu maximieren und eine tatsächliche Umsetzung zu ermöglichen.
Ihre Meinung ist gefragt: Welche Gesetze sollten geändert oder verschärft werden, um das legale Glücksspiel zu fördern und den illegalen Markt zu schwächen? Und was kann man machen, um den legalen Markt zu stärken?

Die beste Maßnahme gegen den Schwarzmarkt ist ein attraktives, reguliertes Angebot, das sicherstellt, dass Spieler optimal geschützt werden. Es wäre wünschenswert, die Rahmenbedingungen für lizenzierte Anbieter zu verbessern, um den Wettbewerb zu stärken und den legalen Markt für Spieler noch attraktiver zu machen. Dazu zählt beispielsweise eine schnellere und unbürokratischere Genehmigung einzelner virtueller Automatenspiele, die Erlaubnis attraktiverer Bonusangebote oder die Anpassung von Einsatzlimits – um nur einige Beispiele zu nennen. Parallel dazu ist eine konsequentere Verfolgung von Anbietern auf dem Schwarzmarkt entscheidend. In diesem Zusammenhang wäre es auch sinnvoll, den Umfang des Schwarzmarktes genauer zu analysieren, da die Einschätzungen der Behörden (die einen nur kleinen Anteil des Marktes vermuten) und der Verbände (die von einem erheblichen Anteil des Schwarzmarkts ausgehen) stark auseinandergehen. Eine präzise Analyse würde helfen, gezielte und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um den illegalen Markt weiter einzudämmen.
Die Biografie von Dr. Fabian Masurat
Dr. Fabian Masurat ist Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Mitglied der Praxisgruppe Technology, Media & Telecoms. Seine Beratungsschwerpunkte liegen im Datenschutz-, IT-Vertrags- und Glücksspielrecht. Zudem ist Dr. Masurat zertifizierter Geldwäschebeauftragter, zertifiziert als Certified Information Privacy Professional/Europe (CIPP/E) und Dozent an der Hochschule FOM im Bereich IT-Recht und Compliance.
Fakten gecheckt von Thomas Kellner